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Raumzeit oder Raum-Zeit-Kontinuum bezeichnet die gemeinsame Darstellung des dreidimensionalen Raums und der eindimensionalen Zeit in einer vierdimensionalen mathematischen Struktur. Diese Darstellung wird in der Relativitätstheorie benutzt.
Der Mensch erlebt Ort und Zeit als zwei verschiedene Gegebenheiten, unter anderem wegen der mit der Zeit verbundenen Kausalität (eine Wirkung kann nicht früher als ihre Ursache eintreten). In der klassischen Physik und größtenteils in der Technik werden Ort und Zeit als voneinander unabhängige Größen behandelt. Bei Geschwindigkeiten von der Größenordnung der Lichtgeschwindigkeit zeigt sich jedoch, dass sich Zeit und Ort eines Ereignisses gegenseitig bedingen. Zum Beispiel hängt der zeitliche Abstand zweier Ereignisse, wie er von einem bewegten Beobachter festgestellt wird, auch von ihrem räumlichen Abstand ab. Mit der Entwicklung der speziellen Relativitätstheorie wurde erkannt, dass es vorteilhaft ist, die beiden Größen als Koordinaten in einem gemeinsamen vierdimensionalen Raum, dem Minkowski-Raum, zu betrachten.
Im Zusammenhang der klassischen Mechanik ist der Raumzeitbegriff von Penrose[1] und Arnold[2] diskutiert worden.
Auch bei einer Kopplung von Raum und Zeit muss, falls Ereignis A das Ereignis B hervorruft, diese „Kausalität“ in allen Koordinatensystemen gelten; ein Koordinatensystemwechsel darf die Kausalität von Ereignissen nicht verändern. Die Kausalität wird mathematisch durch einen Abstandsbegriff definiert. Der Abstand zweier Ereignisse hängt von den drei Ortskoordinaten und der Zeitkoordinate ab. Wegen der Forderung nach der Erhaltung der Kausalität zweier Ereignisse oder allgemeiner nach der Lorentz-Invarianz müssen physikalische Modelle in mathematischen Räumen beschrieben werden, in denen Zeit und Raum in bestimmter Weise gekoppelt sind.
Es lässt sich ein absolut (absolut im Sinne der Invarianz gegenüber Koordinatenwechsel) gültiger Abstandsbegriff, z. B. die sogenannte Eigenzeit oder der „verallgemeinerte Abstand“, für Raumzeitpunkte („Ereignisse“) des vierdimensionalen Raum-Zeit-Kontinuums definieren, auch bei beliebig eng („infinitesimal“) benachbarten Ereignissen. Was davon als räumlicher und was als zeitlicher Abstand gemessen wird, hängt ab vom Bewegungszustand des Beobachters und (im Falle der allgemeinen Relativitätstheorie) von der Anwesenheit von Masse bzw. Energie (z. B. in Feldern).
Mathematisch wird die Raumzeit mit Hilfe einer pseudo-riemannschen Mannigfaltigkeit beschrieben, speziell im sogenannten Minkowski-Raum. Im Minkowski-Raum muss zur Berechnung von Abständen außer den Ortskoordinaten auch die Zeitkoordinate der Ereignisse berücksichtigt werden, also mit der Lichtgeschwindigkeit . Die klassische Berechnung von räumlichen Abständen in kartesischen Koordinaten – der quadrierte Abstand ist – wird daher modifiziert: Der quadrierte verallgemeinerte Abstand von zwei Ereignissen im Minkowski-Raum ist und wird auch Raumzeit-Metrik oder Raumzeit-Intervall genannt. Die hier benutzten Vorzeichen sind die Signatur der Metrik und teilweise eine Frage der Konvention. Es gibt andere, gleichwertige Signaturen, etwa , oder weniger gebräuchliche wie , wo mit die imaginäre Einheit der komplexen Zahlen ist.
In der speziellen Relativitätstheorie (SRT) werden die dreidimensionalen Raumkoordinaten um eine Zeitkomponente zu einem Vierervektor im Minkowski-Raum („Raumzeit“) erweitert, also .
Ein Punkt in der Raumzeit besitzt drei Raumkoordinaten sowie eine Zeitkoordinate und wird als Ereignis oder Weltpunkt bezeichnet.
Für Ereignisse wird ein invarianter raum-zeitlicher Abstand definiert. Im klassischen euklidischen Raum, einem dreidimensionalen kartesischen Koordinatensystem, bleibt das differentielle räumliche Abstandsquadrat (euklidische Norm) zweier Punkte lediglich unter Galilei-Transformationen konstant:
In der SRT dagegen wird ein für alle Beobachter identischer (verallgemeinerter) Abstand definiert, der auch unter Lorentz-Transformationen konstant (invariant) bleibt (diese Invarianz definiert man durch die Forderung, dass der vierdimensionale Abstand bzw. die Minkowski-Metrik konstant (invariant) unter einer linearen Koordinatentransformation ist, wodurch sich die oben erwähnte Homogenität der Raumzeit ausdrückt):
Dies ist die quadrierte Minkowski-Norm, welche die uneigentliche Metrik (Abstandsfunktion) der flachen Raumzeit erzeugt. Sie wird durch das (indefinite) invariante Skalarprodukt auf dem Minkowski-Raum induziert, welches sich als Wirkung des (pseudo)-metrischen Tensors definieren lässt:
Dieser metrische Tensor wird im physikalischen Sprachgebrauch auch als „Minkowski-Metrik“ oder „flache Metrik“ der Raumzeit bezeichnet, obwohl er im eigentlichen Sinne nicht mit der Metrik an sich zu verwechseln ist. Es handelt sich mathematisch vielmehr um ein Skalarprodukt auf einer pseudoriemannschen Mannigfaltigkeit.
Bei dem Linienelement handelt es sich bis auf den Faktor um die differentielle Eigenzeit:
Diese wird mit einer mitbewegten Uhr gemessen, also im „momentan begleitenden Inertialsystem“, in dem das auf der Weltlinie befindliche Teilchen ruht: .
Ein Element (Vektor) der Raumzeit heißt
Die Klassifizierung der Raumzeit-Vektoren (raumartig, lichtartig oder zeitartig) bleibt bei den zulässigen Transformationen (Lorentztransformationen) unverändert (Invarianz des Lichtkegels).
Praktische Anwendung findet das Rechnen mit Raumzeitvektoren in der Kinematik schneller Teilchen.[3]
Im Minkowski-Diagramm können die Verhältnisse geometrisch dargestellt und analysiert werden. Wegen der komplexen Eigenschaft der Zeitkomponente wird dort die Drehung der Zeitachse mit umgekehrtem Vorzeichen wie die Drehung der Koordinatenachse dargestellt.
Grundlage zur Beschreibung der Raumzeit in der allgemeinen Relativitätstheorie ist die pseudo-riemannsche Geometrie. Die Koordinatenachsen sind hier nichtlinear, was als Raumkrümmung interpretiert werden kann. Für die vierdimensionale Raumzeit werden die gleichen mathematischen Hilfsmittel wie zur Beschreibung einer zweidimensionalen Kugeloberfläche oder für Sattelflächen herangezogen. Als unumstößlich angesehene Aussagen der euklidischen Geometrie, insbesondere das Parallelenaxiom, müssen in diesen Theorien aufgegeben und durch allgemeinere Beziehungen ersetzt werden. Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist hier beispielsweise kein Geradenteilstück mehr. Einer Geraden in der euklidischen Geometrie entspricht die Geodäte in der nicht-euklidischen Welt; im Falle einer Kugeloberfläche sind die Geodäten die Großkreise. Die Winkelsumme im – aus Geodätenabschnitten bestehenden – Dreieck ist auch nicht mehr 180 Grad. Im Falle der Kugeloberfläche ist sie größer als 180 Grad, im Falle von Sattelflächen dagegen kleiner.
Die Krümmung von Raum und Zeit wird durch jede Form von Energie und Impuls, wie etwa Masse, Strahlung oder Druck, verursacht. Diese Größen bilden zusammen den Energie-Impuls-Tensor und gehen in die Einsteingleichungen als Quelle des Gravitationsfeldes ein. Daraus resultiert eine krummlinige Bewegung von kräftefreien Körpern entlang von Geodäten. In einem infinitesimalen Raumabschnitt (lokale Karte) gilt stets die flache Metrik der speziellen Relativitätstheorie. Wird die gekrümmte Bewegung einer Gravitationsbeschleunigung zugeschrieben, muss die konstante Raumkrümmung mit dem Faktor beschrieben werden. Im Modell der gekrümmten Raumzeit jedoch existiert so etwas wie eine Gravitationskraft gar nicht, an ihre Stelle ist eine für alle kräftefreien Körper in diesem (infinitesimalen) Raumabschnitt gleiche Krümmung der Weltlinien (Bewegungskurven in der Raumzeit) getreten.
In vielen populären Darstellungen der allgemeinen Relativitätstheorie wird häufig nicht beachtet, dass die dem Gravitationsfeld zugeschriebenen Wirkungen nicht allein durch Krümmung des dreidimensionalen Raums, sondern erst durch die Krümmung der vierdimensionalen Raumzeit hervorgerufen werden. Dass stets Raum und Zeit gekrümmt sein müssen, ist anschaulich leicht zu verstehen: Wäre nur der Raum gekrümmt, so wäre die Trajektorie eines geworfenen Steines immer dieselbe, egal welche Anfangsgeschwindigkeit der Stein besäße, da er stets nur dem gekrümmten Raum folgen würde. Nur durch die zusätzliche Krümmung der Zeit können die je nach Geschwindigkeit verschiedenen Trajektorien zustande kommen. Im Rahmen der ART kann dies auch mathematisch gezeigt werden.
Im normalen, dreidimensionalen Raum ist nur die Projektion der Weltlinien auf die Bewegungsebene sichtbar. Hat der Körper die Geschwindigkeit , so ist die Weltlinie gegenüber der Zeitachse geneigt, und zwar um den Winkel α mit . Die Projektion der Bahn wird mit steigendem um den Faktor länger, der Krümmungsradius um den gleichen Faktor größer, die Winkeländerung also kleiner. Die Krümmung (Winkeländerung pro Längenabschnitt) ist daher um den Faktor kleiner.
Mit
folgt dann aus der Weltlinienkrümmung für die beobachtete Bahnkrümmung im dreidimensionalen Raum
Für kleine Geschwindigkeiten v≪c ist die Bahnkrümmung g/v2 und entspricht damit dem Wert bei einer klassischen Zentrifugalbeschleunigung. Für Lichtstrahlen mit v=c hat der Faktor (1 + v2/c2) den Wert 2, die Krümmung 2g/c2 entspricht also dem doppelten Wert der klassischen Betrachtung g/c2. Die Winkelabweichung von Sternenlicht der Fixsterne in Sonnennähe sollte also doppelt so groß sein wie im klassischen Fall. Dies wurde von Arthur Eddington im Rahmen einer Afrikaexpedition zur Beobachtung der Sonnenfinsternis von 1919 erstmals verifiziert, was große Aufmerksamkeit fand und zur Durchsetzung der Allgemeinen Relativitätstheorie wesentlich beitrug. Seine Beobachtungen erwiesen sich in späteren Analysen zwar als ungenau, nachfolgende Beobachtungen bei Sonnenfinsternissen bestätigten aber die Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie.
Wegen dieser kleinen Abweichung vom klassischen Wert sind (ungestörte) Planetenbahnen auch keine exakten Ellipsen, sondern unterliegen einer Apsidendrehung. Eine solche bis dahin in der Himmelsmechanik nicht erklärbare Apsidendrehung war zuvor beim Planeten Merkur beobachtet worden und fand durch die Allgemeine Relativitätstheorie eine Erklärung.
Die Raumzeit ist charakterisiert durch eine Anzahl von Symmetrien, die sehr wichtig für die darin geltende Physik sind. Zu diesen Symmetrien zählen neben den Symmetrien des Raumes (Translation, Rotation) auch die Symmetrien unter Lorentztransformationen (Wechsel zwischen Bezugssystemen verschiedener Geschwindigkeit). Letzteres stellt das Relativitätsprinzip sicher.
Philosophische Bücher: