Ein Nachtflugverbot ist ein durch Gesetz, Verordnung oder eingeschränkter Behördengenehmigung festgelegtes Flugverbot zum Immissionsschutz der Bevölkerung gegen Nachtfluglärm. Überflüge bleiben hiervon jedoch unberührt.

Ausnahmen bestehen meist für Rettungsflüge sowie hoheitlichen Flugverkehr für Politiker, Polizei und Militär. Teilweise bestehen Ausnahmen für Fracht- und Postflüge.

Nachtflugverbote sind in den meisten Fällen Nachtflugbeschränkungen für bestimmte Luftfahrzeuge oder Flugaufgaben, selten ausschließliche Verbote. Die Definition von Nachtflug entspricht nur annähernd dem Begriff Dunkelheit. Dadurch ergibt sich die Problematik der Lärmbelästigung in den Nachtstunden.

Begründungen

Der durch Starts und Landeanflüge verursachte Fluglärm birgt möglicherweise erhebliche Gesundheitsrisiken für Anwohner. Ursache dafür ist insbesondere die Störung des Hormonhaushalts der Stresshormone, vor allem Cortisol, wie dies auch als Langzeitfolge bei allgemeinen Schlafstörungen oder auch bei Schichtarbeit zu beobachten ist. Am Beispiel des Flughafens Köln-Bonn wurde in einer epidemiologischen Studie nachgewiesen, wie sich Nachtfluglärm bei einigen Personen in erhöhtem Arzneimittelverbrauch niederschlägt. Allerdings ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung von der Höhe und der Häufigkeit von Schallereignissen abhängig.

Der Deutsche Ärztetag forderte im Mai 2012 einen umfassenden Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm, insbesondere den Schutz der Nachtruhe. Die Lärmgrenzwerte der Gesetze müssten aus Sicht der Ärzte deutlich nach unten korrigiert werden. Die Ärzte betonen, dass durch Fluglärm vermeidbare Gesundheitsstörungen und Krankheiten ausgelöst werden. Für durch Fluglärm ausgelöste Krankheiten käme es zu zusätzlichen Krankheitskosten.[1]

Situation in Deutschland

Nachtflugbeschränkungen an ausgewählten deutschen Flughäfen
22:00 23:00 00:00 01:00 02:00 03:00 04:00 05:00 06:00
München
Stuttgart
Hamburg
Frankfurt
Berlin-Schönefeld
Düsseldorf
Leipzig Bedingungen s. Text

  eingeschränkter Flugverkehr   Flugverbot

Die in Deutschland zum Flugbetrieb bestehenden wesentlichen Rechtsgrundlagen sind das Luftverkehrsgesetz und das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm von 1971. Aus beiden Vorschriften lässt sich kein gesetzlich definiertes „Nachtflugverbot“ ableiten, aus dem sich ein „Recht auf Nachtruhe“ oder Lärmschutz ergibt.

Allerdings besteht für viele deutsche Flughäfen während der Nachtstunden eine eingeschränkte Betriebsgenehmigung, die aber eventuell den Betrieb von Ambulanz- und Rettungsflügen und von Post- und Kurierflügen zulässt. Außerdem ist teilweise der Einsatz von Flugzeugtypen mit geräuschärmeren Triebwerken, sogenannten Kapitel-3-Flugzeugen zugelassen. Das sind Flugzeuge, die die Bedingungen der strengsten Lärmschutzklasse des Chicagoer Abkommens erfüllen. Alle Verkehrsflugzeuge, die heute neu auf den Markt kommen, müssen die Bedingungen des Kapitels 3 des 16. Anhangs dieses Abkommens einhalten.[2]

Ausweichflüge aus meteorologischen, technischen oder sonstigen Sicherheitsgründen sind stets an allen Flughäfen erlaubt.

Am Flughafen Frankfurt war eigentlich ein striktes Nachtflugverbot eine der Bedingungen für den Bau der neuen Landebahn Nordwest. Dies war eines der Ergebnisse einer drei Jahre lang tätigen Mediationsgruppe, der auch Fraport und Lufthansa angehörten. Statt eines absoluten Nachtflugverbots, wie es dann durch die Fraport beantragt war, genehmigte das zuständige Ministerium zeitweise allerdings durchschnittlich 133 nächtliche Flugbewegungen zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr, davon 17 planmäßige Flüge für die Zeit von 23:00 bis 5:00 Uhr.[3] Mit Urteil vom 4. April 2012 entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass diese Regelung teilweise abwägungsfehlerhaft sei und legte ein generelles Nachtflugverbot für die Kernnacht zwischen 23:00 Uhr und 5:00 Uhr fest.[4]

Für den neu gebauten Flughafen Berlin Brandenburg versuchten Brandenburger Bürger ein Nachtflugverbot zu erwirken. Im Zeitraum vom 4. Juni bis zum 3. Dezember 2012 haben über 100.000 Wahlberechtigte in den offiziellen Eintragungsstellen ihre Unterschrift für ein diesbezügliches Volksbegehren geleistet.[5] Dies war somit das erste erfolgreiche Volksbegehren in diesem Bundesland. In Berlin ist selbiges Vorhaben gescheitert.[6]

Der am 25. Mai 2005 vom Bundeskabinett vorgeschlagene Entwurf zur Novellierung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm enthält ebenfalls keine Rechtsgrundlage für ein gesetzliches Nachtflugverbot in Deutschland.

Umweltorganisationen, wie der Verkehrsclub Deutschland (VCD), fordern ein generelles bundesweites Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr, zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung vor Lärm.[7]

Flughafen Regelung Ausnahmen
Lübeck-Blankensee Nachtflugbeschränkung von 23:30 Uhr bis 05:30 Uhr
Hamburg Nachtflugbeschränkung von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr Nachtpostflüge

Verspätete Starts und Landungen bis 24:00 Uhr

Bremen Nachtflugbeschränkung von 22:30 Uhr bis 6:00 Uhr Nachtpostflüge

Verspätete Landungen bis 24:00 Uhr, wenn Kapitel-3-Flugzeug und Home-Carrier

Berlin-Schönefeld (jetzt BER) Keine Nachtflugbeschränkungen Zwischen 24:00 Uhr und 6:00 Uhr nur für Kapitel-3-Flugzeuge
Flughafen Berlin Brandenburg Nachtflugbeschränkung von 23:30 Uhr bis 05:30 Uhr Verspätete Starts und Landungen bis 24:00 Uhr sowie verfrühte Landungen ab 5:00 Uhr.
Hannover Keine Nachtflugbeschränkungen Zwischen 23:00 Uhr und 6:00 Uhr nur für Kapitel-3-Flugzeuge
Münster/Osnabrück Keine Nachtflugbeschränkungen Zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr nur für Kapitel-3-Flugzeuge
Paderborn/Lippstadt Keine Nachtflugbeschränkungen
Niederrhein Nachtflugbeschränkung von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr Verspätete Landungen bis 24:00 Uhr, wenn Kapitel-3-Flugzeug und Home-Carrier
Dortmund Nachtflugbeschränkung von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr Verspätete Starts bis 22:30 Uhr und verspätete Landungen bis 23:30 Uhr
Düsseldorf Nachtflugbeschränkung von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr Kapitel 3-Flugzeuge planmäßige Landungen bis 23:00 Uhr und verspätete Landungen bis 23:30 Uhr.

Verspätete Landungen der Home-Carrier bis 24:00 Uhr sowie verfrühte Landungen ab 5:00 Uhr.

Köln/Bonn Keine Nachtflugbeschränkungen Zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr nur für Kapitel-3-Flugzeuge
Leipzig/Halle Nachtflugbeschränkung im Passagierverkehr von 23:30 Uhr bis 5:30 Uhr

Keine Nachtflugbeschränkung für Frachtverkehr

Verspätete Starts und Landungen bis 24:00 Uhr sowie verfrühte Landungen ab 5:00 Uhr.
Dresden Nachtflugbeschränkung von 23:30 Uhr bis 5:30 Uhr Verspätete Starts und Landungen bis 24:00 Uhr sowie verfrühte Landungen ab 5:00 Uhr.
Erfurt/Weimar Keine Nachtflugbeschränkungen Zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr nur für Kapitel-3-Flugzeuge
Frankfurt Nachtflugbeschränkung von 23:00 Uhr bis 5:00 Uhr Verspätete Starts und Landungen bis 24:00 Uhr
Frankfurt-Hahn Keine Nachtflugbeschränkungen Zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr nur für Kapitel-3-Flugzeuge
Saarbrücken Nachtflugbeschränkung von 22:30 Uhr bis 6:00 Uhr Verspätete Landungen bis 24:00 Uhr
Karlsruhe/Baden-Baden Nachtflugbeschränkung von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr Verspätete Landungen bis 24:00 Uhr nur für Kapitel-3-Flugzeuge
Stuttgart Nachtflugbeschränkung von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr für Starts Landungen bis 23:30 Uhr

Nachtpostflüge und militärische Flugbewegungen

Friedrichshafen Nachtflugbeschränkung von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr Landungen bis 23:00 Uhr, wenn Kapitel-3-Flugzeug und Home-Carrier

Verspätete Landungen bis 23:30 Uhr, wenn Home-Carrier

Nürnberg Keine Nachtflugbeschränkungen Nachtflugbetrieb zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr nur für Kapitel-3-Flugzeuge
Memmingen Nachtflugbeschränkung von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr
München Nachtflugbeschränkung von 0:00 Uhr bis 5:00 Uhr Nachtpostflüge

Verspätete Starts und Landungen bis 0:00 Uhr sowie verfrühte Landungen ab 5:00 Uhr.

In den Nachtrandstunden (von 22:00 bis 0:00 Uhr und von 5:00 bis 6:00 Uhr) nur für Kapitel-3-Flugzeuge[8]

Situation in der Schweiz

Für den privaten Luftverkehr sind Starts und Landungen zwischen 22 Uhr und sechs Uhr morgens untersagt. Für die Landesflughäfen und den gewerblichen Verkehr gilt das Verbot von 24 Uhr bis fünf Uhr morgens.[9]

Zürich

Die Flugbetriebszeiten des Flughafens Zürich erlauben Starts und Landungen zwischen sechs Uhr morgens und 23 Uhr. Nicht zur offiziellen, also planbaren Betriebszeit gehört eine weitere halbe Stunde (bis halb zwölf in der Nacht), zu welcher es der Betreibergesellschaft ohne einzuholende Bewilligung erlaubt ist, Verspätungen abzubauen,[9] im Juli 2023 betrafen dies beispielsweise 547 Starts und Landungen.[10] Weitere Ausnahmen erfordern Bewilligungen, welche erteilt werden bei besonderen Umständen wie medizinischen Notfällen, aber auch aufgrund erhöhten Aufwandes für Enteisung, so starteten Anfang Dezember 2023 die letzten sechs Flugzeuge nach 00:30h und bis 01:27h morgens.[11]

Genf

Die Flugbetriebszeiten des Flughafens Genf erlauben Starts und Landungen zwischen sechs Uhr morgens und 22 Uhr. Nicht zur offiziellen, also planbaren Betriebszeit gehören weitere eineinhalb Stunden (bis 00:30h), zu welcher es der Betreibergesellschaft ohne einzuholende Bewilligung erlaubt ist, Verspätungen abzubauen. Der durchgehend geöffnete Flughafen kann nachts mit Bewilligung sämtliche außergewöhnlichen Flüge (technische Vorfälle, Ambulanzflüge oder Ausweichlandungen aus gesundheitlichen Gründen, Such- oder Rettungsaktionen usw.) durchführen wie auch militärische, diplomatische, oder humanitäre Flüge.[12]

Basel

Der Flughafen Basel-Mülhausen liegt auf französischem Staatsgebiet. Seit 1. Februar 2022 gelten auf dem Platz ähnliche Regelungen wie bei den anderen beiden Landesflughäfen. Es gilt ein Landeverbot zwischen 24 und fünf Uhr und ein Startverbot zwischen 23 und sechs Uhr. Nicht Fluggesellschaft-bedingte Verspätungen erlauben Starts bis 24 Uhr.[13]

Einzelnachweise

  1. 115. Deutscher Ärztetag: Beschlussprotokoll (PDF; 4,0 MB), S. 351–353, 22. bis 25. Mai 2012.
  2. Kapitel-3-Flugzeuge. Flughafenverband ADV, abgerufen am 30. August 2017.
  3. Planfeststellungsbeschluss, S. 22 ff. (PDF)
  4. Urteil des BVerwG v. 4. April 2012, Az. 4 C 8/09 u. a. (online)
  5. Mitteilung des Brandenburger Landeswahlleiters zum Volksbegehren „Nachtflugverbot“. (Memento vom 14. Dezember 2012 im Internet Archive) Abgerufen am 4. Dezember 2012.
  6. Volksbegehren nicht zustande gekommen. (PDF) Amt für Statistik, abgerufen am 11. Oktober 2012.
  7. Nachtflugverbot am Flughafen Berlin-Tegel darf nicht aufgeweicht werden. (Memento vom 10. April 2016 im Internet Archive) In: VCD-Blog, 14. Mai 2012.
  8. Nachtflug - Strenge Regeln für ungestörte Nachtruhe. Abgerufen am 31. Januar 2018 (deutsch).
  9. a b Massnahmen gegen Fluglärm, Bundesamt für Zivilluftfahrt
  10. Fast 1000 Flüge nach Betriebsschluss, Tages-Anzeiger, 29. September 2023, S. 21
  11. Der letzte Flug hob um 1.27 Uhr ab, Zürcher Unterländer, 1. Dezember 2023
  12. Lärm und Massnahmen, Internetauftritt des Flughafens Genf, 30. Juni 2023
  13. Dürfen Flugzeuge nachts starten und landen? - Basel-Mülhausen mit eigenem Regime

[1]

Literatur

  • Umweltbundesamt: Beeinträchtigung durch Fluglärm: Arzneimittelverbrauch als Indikator für gesundheitliche Beeinträchtigung. November 2006. (PDF)
  • Christian Giesecke: Nachtflugbeschränkungen und Luftverkehrsrecht. Luftverkehr im Spannungsfeld von Wirtschaft und Gesundheit. (= Schriften zum Luft- und Weltraumrecht; 21). Heymanns, Köln 2006, ISBN 3-452-26244-8 (zugl. Dissertation, Universität zu Köln, 2005)
Wiktionary: Nachtflugverbot – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
  1. Nachtflugregelung am BER. Abgerufen am 9. Februar 2021.