Search for LIMS content across all our Wiki Knowledge Bases.
Type a search term to find related articles by LIMS subject matter experts gathered from the most trusted and dynamic collaboration tools in the laboratory informatics industry.
Joffe, der Sohn eines Kaufmanns, studierte ab 1897 am Technologischen Institut in Sankt Petersburg. Nach dem Abschluss 1902 ging er nach Deutschland an die Ludwig-Maximilians-Universität München, um bis 1905 bei Wilhelm Conrad Röntgen zu studieren. 1905 promovierte er bei Röntgen summa cum laude, seine Dissertation trug den Titel Elastische Nachwirkung im kristallinischen Quarz.[1] Er befasste sich auch mit dem photoelektrischen Effekt und der Ablenkung von Kathodenstrahlen (Elektronen) in Magnetfeldern (beides später Gegenstand seiner Magisterarbeit). Er war Assistent von Röntgen und erhielt von diesem ein Angebot in dessen Labor einzutreten, zog es aber vor, 1906 nach Sankt Petersburg zurückzukehren, wo er 1913 seine Magisterarbeit anfertigte[2] und 1915 am Polytechnischen Institut den russischen Doktorgrad erwarb (Die elastischen und elektrischen Eigenschaften von Quarz). Er erhielt 1913 eine Professur am Polytechnikum (und 1914 auch an der Staatlichen Universität Sankt Petersburg) und begründete 1916 sein berühmtes physikalisches Seminar, an dem Physiker aus ganz Petrograd teilnahmen. 1919 gründete er die Fakultät für Physik und Mechanik am Polytechnischen Institut, deren Dekan er bis 1948 war. Er lehrte auch an anderen Instituten in Petrograd, an denen er teilweise selbst physikalische Abteilungen gründete. Er war an der Gründung des Röntgen- und Radiologischen Instituts beteiligt (1918), aus dessen Physik-Abteilung das Physikalisch-Technologische Institut (LPTI) Leningrad hervorging, das spätere Joffe-Institut[3] (so benannt nach seinem Tod). Während des Zweiten Weltkriegs war er am Aufbau eines Radarsystems um Leningrad beteiligt. Er blieb Direktor des LPTI bis 1950, als er aufgrund der stalinistischen antisemitischen Kampagne aus dem Amt gedrängt wurde: Joffe war 1911 zum Lutheranischen Glauben konvertiert, um seine erste Frau heiraten zu können, wurde aber damals wegen seiner internationalen Kontakte des Kosmopolitismus verdächtigt[4]. Zu seiner Entlassung trug bei, dass 1949 sein Mitarbeiter G. I. Latyschew den Stalinpreis erhielt für Arbeiten zur Gammastrahlung, die sich hinterher als gefälscht herausstellten.[5] Joffe war dann 1952 bis 1954 Direktor des von ihm gegründeten Instituts für Halbleiterphysik der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften. Auch in anderen Städten der Sowjetunion führte seine Initiative zur Gründung Physikalisch-Technischer Institute, in denen Laborarbeit und Lehre Hand in Hand gingen, so in Tomsk, Swerdlowsk, Charkow und Moskau (Institut für Chemische Physik der Akademie der Wissenschaften).
Joffes Arbeitsgebiet war die Festkörperphysik, vor allem Dielektrika und Physik von Kristallen. Er initiierte aber auch später Forschung zu Halbleitern (weswegen er auch als Vater der sowjetischen Halbleiterphysik bezeichnet wird) und in der Kernphysik (ab 1932, wobei er die Leitung der Abteilung Igor Kurtschatow anvertraute). In der experimentellen Festkörperphysik war er einer der führenden Wissenschaftler der Sowjetunion. 1924 entdeckte er die Erhöhung der Plastizität und Festigkeit von Ionenkristallen bei Einwirkung eines Lösungsmittels – heute als Joffe-Effekt bezeichnet. 1911 bestimmte er unabhängig von Robert Millikan die Elektronladung, mit einer ähnlichen experimentellen Methode wie Millikan, die Arbeit wurde aber erst 1913 veröffentlicht.
Ein sowjetisches Forschungsschiff (Akademik Ioffe), der MondkraterIoffe, der Asteroid(5222) Ioffe und eine Straße im Forschungs- und Technologiepark WISTA in Berlin-Adlershof sind nach ihm benannt. Ein geplantes deutsch-russisches Forschungsinstitut, an dem unter anderem an Beschleunigertechnologie gearbeitet werden soll, wird nach Röntgen und Joffe benannt (2011).[7]
Schriften
Begegnungen mit Physikern. Teubner 1967 (zuerst russisch 1962).
Mein Leben und Werk. (russisch, Autobiographie), Moskau, Leningrad 1933.
Grundlegende Konzepte der modernen Physik. (russisch), Moskau, Leningrad 1949.
Vorlesungen über Molekulare Physik. (russisch), Petrograd 1919.
Physik Kurs. (russisch), Moskau, Leningrad 1927.
Physik der Halbleiter. Akademie Verlag, Berlin 1960 (zuerst russisch 1954, 2. Auflage 1957).
Halbleiter in der modernen Physik. (russisch), Moskau, Leningrad 1954.
Halbleiter und ihre Anwendung. (russisch), Moskau, Leningrad 1956.
Halbleiter-Thermoelemente. Akademie Verlag 1957.
The physics of crystals. McGraw Hill 1928.
mit Röntgen Elektrizitätsdurchgang durch Kristalle. Annalen der Physik, 4. Folge, Band 72, 1923, S. 461–500.
Sur la distribution spectrale de l’effet photoélectriquc dans l’oxyde cuivreux. Paris 1934.
Ilse Röhler, Abram Fjodorowitsch Joffe – Aus der Wirkungsstätte Röntgens in München zum Wegbereiter für die moderne Physik in der Sowjetunion. In: Russische Spuren in Bayern. Hrsg. Mir e. V., Zentrum russischer Kultur in München. München 1997, S. 193–204, ISBN 3-9805300-2-7.