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Als Reportage (von lateinisch reportare = berichten, melden) bezeichnet man im Journalismus unterschiedliche Darstellungsformen, bei denen der Autor nicht vom Schreibtisch aus, sondern aus unmittelbarer Anschauung berichtet. In den Druckerzeugnissen steht der Begriff gemeinhin für einen dramaturgisch aufbereiteten (siehe auch Reportagefotografie) Hintergrundbericht, der einen Sachverhalt anhand von konkreten Beispielen, Personen oder deren Schicksalen anschaulich macht. Während Nachricht und Bericht Distanz wahren, geht die Reportage nah heran und gewährt auch Beobachtungen und weiteren Sinneswahrnehmungen ihrer Protagonisten Raum.[1]
Im Rundfunkjargon gilt bereits die einfache Berichterstattung vom Ort des Geschehens als Reportage. So firmieren Sportjournalisten, die live aus dem Stadion Fußballspiele kommentieren, oft als Fußballreporter.
Definition
Dem Reporter ist es – im Gegensatz zum Verfasser von Nachrichten oder Berichten – erlaubt, Fakten durch eigene Eindrücke zu ergänzen, die er – oft bei Anwesenheit am Ort des Geschehens – gesammelt hat. Idealerweise erzählt er, ohne dabei zu werten oder zu kommentieren, auch nicht durch Weglassen. Er beschränkt sich auf eine narrative Funktion, spricht überwiegend im Präsens und bewirkt dadurch, dass sich der Rezipient (Leser, Zuhörer oder Fernsehzuschauer) gut in die Situation hineinversetzen kann.
Beispiel: „Ein Haus hat gebrannt.“ Die Reportage beschreibt detailliert, wie es darin aussieht, und versucht, beim Rezipienten Kopfkino ablaufen zu lassen. Sie schildert die „versengten, schwarzen Treppengeländer, denen man nur schwer ansieht, dass sie aus Holz sind“.
Eine Reportage kann verknüpft sein mit Interviews und Kommentaren. Sie kann aus Texten, Fotografien (Fotoreportage) oder einer Kombination aus beidem bestehen. Letzteres ist die verbreitetste Form.
Gerichtsreportage
Eine Sonderform ist die Gerichtsreportage. Zu den bekanntesten Autoren in diesem Genre gehören in Deutschland der Spiegel-Redakteur Gerhard Mauz (1925–2003), seine Nachfolgerin Gisela Friedrichsen sowie Peggy Parnass, Hans Holzhaider und Sabine Rückert.
Sozialreportage
Sozialreportagen üben Gesellschaftskritik. Als Begründer der Sozialreportage im deutschsprachigen Raum gilt Max Winter. Bekannte Beispiele sind
- George Orwell: Erledigt in Paris und London (1933) oder Der Weg nach Wigan Pier (1937)
- Günter Wallraff (siehe auch investigativer Journalismus)
- verdeckte Erkundungen in speziellen Milieus (Rechtsextremismus, Kriminalität etc.).
Reporter (Auswahl)
- Klaus Bednarz
- Christoph Braendle
- Peter Dudzik
- Martha Gellhorn
- Ryszard Kapuściński
- Hans Ulrich Kempski
- Egon Erwin Kisch
- Jürgen Leinemann
- Maria Leitner
- Albert Londres
- Michael Obert
- Alexander Osang
- Herbert Riehl-Heyse
- Gerd Ruge
- Marie-Luise Scherer
- Günter Wallraff
- Max Winter
- Peter von Zahn
Preise
- Deutscher Reporter:innenpreis: Seit 2009 vergibt das Reporter-Forum diesen mit insgesamt 25.000 Euro dotierten "Preis von Journalisten für Journalisten". Er wird derzeit in neun Kategorien ausgelobt und gehört mit jeweils über 1000 Einsendungen zu den größten deutschen Medienpreisen.
- Für deutschsprachige Reportagen wird jährlich der Egon-Erwin-Kisch-Preis im Rahmen des Henri-Nannen-Preises vergeben. Der Henri-Nannen-Preis, der vom Stern ausgelobt wird, ist eine angesehene Ehrung in der Branche.
- Einziger weltweiter Reportageliteraturpreis ist der Lettre Ulysses Award, der letztmals 2006 vergeben wurde.
- Die Reportage-Agentur Zeitenspiegel aus Weinstadt vergibt seit 1998 zur Erinnerung an ihr Ehrenmitglied Hansel Mieth alljährlich den Hansel-Mieth-Preis an Journalisten für herausragende Veröffentlichungen in deutschsprachigen Printmedien. Der Preis ist mit 6000 Euro dotiert.
Krise
Auf Grund der von Claas Relotius ganz oder teilweise erfundenen Reportagen sahen andere Medienschaffende die Reportage Ende der 2010er Jahre in ihrem Ruf beschädigt oder in einer Krise.[2][3][4]
Siehe auch
Literatur
- Stefan Heijnk: Die Print-Reportage: Genrekonventionen aus Reportersicht. In: Publizistik, 59. Jahrgang, Heft 2/2014, S. 135–157, ISSN 0033-4006 (mit zahlreichen Umfrageergebnissen und Literaturangaben)
- Walther von La Roche, Gabriele Hooffacker, Klaus Meier: Einführung in den praktischen Journalismus. 19. Auflage. Berlin 2013 (praktischer-journalismus.de). Website zum Buch mit weiterführenden Informationen zum Journalismus, ISBN 978-3-430-20045-5
- Michael Haller: Die Reportage, UVK 2008, ISBN 978-3-89669-305-1
- Ulrich Fey und Hans-Joachim Schlüter: Reportagen schreiben. Von der Idee bis zum fertigen Text, ZV Zeitungs-Verlag Service 2006, ISBN 3-929122-95-2
- Bodo Witzke und Ulli Rothaus: Die Fernsehreportage, UVK 2003, ISBN 978-3896693334
- Cordt Schnibben: Von der guten zur sehr guten Reportage via Reporter-Forum (PDF; 61 kB)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Die Reportage umfasst nach Michael Haller "alles, was außerhalb unseres Kopfes liegt und mit unseren Sinnesorganen wahrgenommen werden kann: die Geschichten, die uns andere Menschen erzählt haben; die in Dokumenten festgestellten Sachverhalte, die Geschehnisse, die wir beobachtet, gehört, gerochen, geschmeckt und betastet haben, kurz: die Objekte unserer Arbeit." Michael Haller, Die Reportage, Konstanz 2008, S. 167.
- ↑ "Warum gehen nicht irgendwann die Alarmglocken an?" In: Spiegel online. Spiegel, abgerufen am 15. Juli 2019.
- ↑ Wie guter Journalismus heute gelingen kann. In: Deutschlandfunk Kultur. Deutschlandradio, 14. Juli 2019, abgerufen am 15. Juli 2019.
- ↑ Szenische Dekonstruktion: die Print-Reportage und die Fakten. In: NDR.de. NDR, abgerufen am 15. Juli 2019.