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Als Syndikus (von altgriechisch σύνδικος ‚Verwalter einer Angelegenheit‘, Mehrzahl Syndici) bezeichnet man einen Rechtsanwalt oder Patentanwalt, der im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber wie einem Unternehmen, Verband, einer Berufsständischen Körperschaft oder einer Stiftung beschäftigt ist. Der Gesetzgeber verwendet seit 2016 den Begriff Syndikusrechtsanwalt (vgl. § 46 Bundesrechtsanwaltsordnung) bzw. Syndikuspatentanwalt (vgl. § 41b Patentanwaltsordnung). Auch die Bezeichnung Syndikusanwalt wird gelegentlich verwendet.
Abgrenzung
Während der Begriff Justitiar alle Formen juristischer Sachbearbeitung im Unternehmen ohne gesonderte Zulassung der Rechtsanwaltskammer kennzeichnet und beide juristischen Staatsexamina theoretisch nicht zwingend (aber doch faktisch) voraussetzt, unterliegt der Syndikus im deutschen Recht dem Berufsrecht der Rechtsanwälte bzw. Patentanwälte, erfordert also das Bestehen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung (bei Syndikusrechtsanwälten) bzw. der Patentassessorenprüfung nach § 8 Patentanwaltsordnung (bei Syndikuspatentanwälten). Mit erfolgter Zulassung gehört er zur Rechts- bzw. Patentanwaltschaft, ihm stehen alle anwaltlichen Berufsrechte und -pflichten zu.
Berufsbild
Die vom Bundesverfassungsgericht initiierte sogenannte Doppelberufs- oder Zweitberufstheorie, wonach die Syndikustätigkeit und die Rechts- bzw. Patentanwaltstätigkeit zwei verschiedene Formen der Berufsausübung darstellten, wurde in der Zwischenzeit immer mehr aufgeweicht und im Ergebnis fast aufgehoben. Auch die Rechtsprechung sah die Tätigkeit des Syndikus als einheitliche Form der anwaltlichen Berufsausübung. Dieser Rechtsprechung ist der EuGH in der Sache C-550/07 P Akzo/Nobel[1] und im Jahr 2011 der BGH[2] jedoch aktiv entgegengetreten und hat an der strengen Doppelberufstheorie festgehalten. Kritiker werfen dem BGH dabei vor, den Blick vor der Realität und den tatsächlichen Verhältnissen zu verschließen.[3]
Syndikusrechtsanwälte beraten ihren Arbeitgeber in allen unternehmensbezogenen Fragen bezüglich Mitarbeitern, Kunden und Dritten. Klassische Rechtsfelder sind etwa das Arbeitsrecht, Vertragsrecht, Haftungs- oder Versicherungsfragen. Syndikuspatentanwälte beraten ihren Arbeitgeber in allen unternehmensbezogenen Fragen zum gewerblichen Rechtsschutz, insbesondere auf den Gebieten des Patent-, Gebrauchsmuster-, Marken-, Design- und Sortenrechtsschutzes, sowie im Arbeitnehmererfindungs- und Wettbewerbsrecht. Je nach Unternehmensart und -größe variieren Breite und Tiefe der juristischen Aufgaben von Syndizi.
Geschichte
Mittelalter und Frühe Neuzeit
Im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit war ein Syndikus für die Rechtsgeschäfte einer Stadt oder einer Gebietskörperschaft zuständig. Er beriet Bürgermeister und Rat in juristischen Angelegenheiten und verfasste juristische Gutachten in deren Auftrag. Oft handelte es sich um Juristen, die an einer Universität das gemeine Recht (ius commune) – meist römisches Recht (corpus iuris civilis), gelegentlich aber auch noch kanonisches Recht – studiert hatten. Verfügte eine Stadt über einen Stadtschreiber (Kanzleivorsteher) mit entsprechender Rechtsbildung, so versah er die Aufgaben des Syndicus mit. Neben den städtischen Syndici gab es noch die Landschafts-Syndici. Diese wurden von den Ständen als Rechtsberater beschäftigt.
Eine weitere Form der Syndici waren die Kreissyndici. Im Alten Reich war ein Kreissyndikus entweder ein gewählter Jurist auf Ebene der Reichskreise oder ein Advokat eines Kreises beim Reichskammergericht.[4] Auch andere juristische Vertreter eines Kreises bei Prozessen wurden Kreissyndikus genannt.[5] Nach Auflösung des Alten Reiches war ein Kreissyndikus auch ein beamteter Rechtsbeistand in einem Kreis, wobei Kreis hier eine untere Verwaltungseinheit beschreibt.[4]
Syndicus in den Hansestädten
Der Syndicus (früher auch Stadtsyndicus) in Bremen und Rostock oder der Senatssyndicus in Hamburg nahmen in den Freien Städten Bremen und Hamburg nach Lübecker Vorbild als Rechtsgelehrte und später Juristen ein Staatsamt wahr. Heute ist die Stelle auch mit der eines Staatsrats und Vertreter eines Senators in seiner Dienststelle und in Bremen auch im Senat vergleichbar.
Siehe auch:
- Syndicus der Hansestadt Lübeck als Staatsamt bis 1851
- Senatssyndicus in Hamburg als Staatsamt
- Syndicus der Freien Hansestadt Bremen als Staatsamt
Geschäftsführer
Der Geschäftsführer einer Berufsvertretung, einer Genossenschaft und auch der Rechts-Sachverständige eines Wirtschaftsunternehmens nannte sich in den 1920er Jahren und auch noch in den Nachkriegsjahren nach 1945 der verpflichtete Rechtsbeistand bei Handelskammern[6], Wirtschaftsverbänden und Stiftungen Syndikus.[7]
Deutsches Anwaltsrecht
Mit dem Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte[8] wurde das Recht der Syndizi zum 1. Januar 2016 neu geregelt. Sie werden als Syndikusrechtsanwälte gem. § 46 Bundesrechtsanwaltsordnung bzw. als Syndikuspatentanwälte gem. § 41b Patentanwaltsordnung zugelassen, wenn sie ihre Tätigkeit beim Arbeitgeber fachlich unabhängig und eigenverantwortlich ausüben.
Auf Antrag werden sie von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit. Ihre Altersvorsorge ist dann über ein berufsständisches Versorgungswerk sicherzustellen.
Wegen der naheliegenden Interessenkollision zwischen der Einbindung in den Betrieb und der Weisungsgebundenheit einerseits und der freien Berufsausübung andererseits dürfen deutsche Syndikusanwälte vor Gericht weitestgehend nicht für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig werden, vgl. § 46c Bundesrechtsanwaltsordnung. Ähnlich ist es dem Syndikuspatentanwalt nicht möglich, seinen Arbeitgeber in Straf- oder Bußgeldverfahren gerichtlich zu verteidigen oder zu vertreten (§ 41d Patentanwaltsordnung).
Literatur
- Peter Hamacher: Der Syndikusanwalt. In: DAV Ratgeber für Junge Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. 12. Aufl., Deutscher Anwaltverlag, 2009, ISBN 978-3-8240-0838-4, S. 105–111 (syndikusanwaelte.de ( vom 28. April 2017 im Internet Archive) ).
- Friedrich Bruns: Die Lübecker Syndiker und Ratssekretäre bis zur Verfassungsänderung von 1851. In: Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde. Lübeck 29.1938, ISSN 0083-5609, S. 91–168.
- Christoph Hommerich, Hanns Prütting: Das Berufsbild des Syndikusanwalts. Deutscher Anwaltverlag, Bonn 1998, ISBN 3-8240-5190-7.
- Siegfried Schwung: Think Global – Welche Anforderungen werden an den Syndikusanwalt im Zeitalter der Globalisierung gestellt? In: Betriebs-Berater (BB). Heidelberg 62.2007, ISSN 0340-7918, S. 2419–2423.
- Melanie Haack: Jobprofil Syndikusanwalt – Manager des Rechts. In: Legal Tribune Online, 11. Januar 2011.
- Susanne Offermann-Burckart: Das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte. NJW 2016, 113.
- Michael Kleine-Cosack: Der Gesetzgeber ordnet neu: Durchbruch für die Syndikusanwälte. Anwaltsblatt 2016, 101.
- Martin Schafhausen: Die SGB VI-Änderung im Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte. Anwaltsblatt 2016, 116.
- Doris-Maria Schuster: Syndikusanwälte: Folgen des neuen Rechts für das Arbeitsverhältnis. Anwaltsblatt 2016, 121.
- Susanne Offermann-Burckart: Die neue Zulassung als Syndikusrechtsanwalt und ihre rechtlichen Folgen. Anwaltsblatt 2016, 125.
Weblinks
- Arbeitsgemeinschaft Syndikusanwälte im Deutschen Anwaltverein
- Der Syndikusrechtsanwalt im öffentlichen Dienst (PDF; 0,1 MB)
Einzelnachweise
- ↑ Urteil des Gerichtshofes (Große Kammer) vom 14. September 2010
- ↑ BGH Beschluss vom 7. Februar 2011 – AnwZ (B) 20/10, S. 473.
- ↑ PDF bei www.syndikusanwaelte.de
- ↑ a b Kreissyndikus (Deutsches Rechtswörterbuch - DRW). Abgerufen am 8. August 2023.
- ↑ Freiherr Ernst Langwerth von Simmern: Die Kreisverfassung Maximilians I. und der schwäbische Reichskreis in ihrer rechtsgeschichtlichen Entwickelung bis zum Jahre 1648. Karl Winter's Universitätsbuchhandlung, 1896, S. 136 (google.com [abgerufen am 8. August 2023]).
- ↑ Knaurs Lexikon A–Z, München/Zürich [1954], Sp. 1691.
- ↑ Brockhaus. [Handbuch des Wissens in vier Bänden]. Leipzig 1924, Bd. 4, S. 319.
- ↑ Bundesgesetzblatt I 2015, S. 2517.